Fahrplan 2023 bringt Nachteile für ICE-Halte Limburg Süd, Montabaur und Siegburg/Bonn

 

„Mit dem neuen Fahrplan gehen wir den nächsten Schritt auf dem Weg zum Deutschlandtakt und stellen die Weichen ganz klar auf weiteres Wachstum. Von den Investitionen in Infrastruktur und neue Fahrzeuge profitieren unsere Fahrgäste unmittelbar. So wächst 2023 unsere Zugflotte jeden Monat um drei neue ICE. Das ist ein Rekord,“ sagt DB-Personenverkehrschef Dr. Michael Peterson in einer Medieninformation.

Neuer ICE 3neo im Einsatz

Auf der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main kommt zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 erstmals der neue ICE 3neo zum Einsatz – mehrmals täglich zwischen Köln und Frankfurt sowie auf den Strecken Köln–Wiesbaden–Mainz und Dortmund/Köln–Stuttgart–München. Der Zug fährt bis zu 300 km/h schnell, hat mehr Türen für einen komfortableren Einstieg, einen neuen Hublift für mobilitätseingeschränkte Reisende, großzügigere Gepäckregale, mobilfunkdurchlässige Scheiben sowie acht Fahrradstellplätze.

Mehr Züge und Sitzplätze zwischen Köln Hbf und Frankfurt

„Zwischen Frankfurt Flughafen und Köln sind mehrere ICE-Züge auf der Relation München–Nürnberg–Frankfurt–Köln Messe/Deutz–Essen bis zu 15 Minuten schneller unterwegs, indem sie weniger häufig in Limburg (Süd), Montabaur bzw. Siegburg/Bonn halten. Dafür erhalten diese Städte andere ICE-Fahrten zwischen Köln und Frankfurt. Damit erhöht die DB die Sitzplatzkapazitäten auf der Relation. Zudem starten und enden mehr Züge für Reisende aus Limburg und Montabaur in Köln Hbf statt in Köln Messe/Deutz“, schreibt die Deutsche Bahn.

Öfter Endstation in Frankfurt oder Köln.

Pro Bahn & Bus sieht mehr Umstiege und längere Reisezeiten

Während die Anzahl der Abfahrten in Limburg Süd und Montabaur ungefähr gleichbleibt, verlieren beide Stationen zahlreiche Direktverbindungen ins Ruhrgebiet und nach Bayern, da in Köln bzw. Frankfurt zusätzlich umgestiegen werden muss. Durch die Umstiege verlängern sich außerdem Reisezeiten. Die DB verschweigt diesen Umstand und preist stattdessen in einer Medieninformation schwächer besetzte Züge an: „Reisende in Zügen von/nach Limburg und Montabaur müssen sich die Sitzplätze dann nicht mehr mit den Fernreisenden zwischen München und NRW teilen“.

Über Köln oder Frankfurt hinausfahrende Züge entfallen vor allem tagsüber. Hingegen bleiben die Direktverbindungen in den Tagesrandlagen vor 7 und nach 20 Uhr stabil.

Bei einem Vergleich von altem und neuem Fahrplan ergibt sich für Pro Bahn & Bus folgendes Bild:

ICE-Halte in Limburg Süd und Montabaur 2022 und 2023

Siegburg/Bonn verliert 15 % der Halte und zahlreiche Direktverbindungen nach Süddeutschland

Wie bereits in den vergangenen Jahren wird das ICE-Angebot in Siegburg/Bonn trotz der hohen Fahrgastnachfrage nach Ansicht von Pro Bahn & Bus erneut substanziell verschlechtert:

  • Die ICE-Linie 43 (Köln - Mannheim - Basel) hält mit wenigen Ausnahmen gar nicht mehr in Siegburg (bislang 2-Stunden-Takt)

  • Die Anzahl der Halte der ICE-Linie 41 (Essen - Frankfurt - Nürnberg - München) wird massiv reduziert

Stattdessen gibt es einzelne zusätzliche Halte der ICE-Linien 47 (München - Stuttgart - Mannheim - Dortmund) und 49 (Köln - Frankfurt). Insgesamt reduziert sich jedoch die Anzahl der ICE-Halte um etwa 15 %.

Wesentlich schwerer als die absolute Zahl der Halte wiegt die Tatsache, dass in Siegburg ab 11.12.2022 kein vertaktetes ICE-Angebot mit regelmäßigen Verbindungen sowohl auf langlaufenden Verbindungen als auch auf den pendlerstarken Relationen nach Frankfurt bzw. Düsseldorf/Ruhrgebiet mehr existiert.

Fast alle Direktverbindungen von Siegburg/Bonn ins badische Karlsruhe und Freiburg sowie nach Basel entfallen.

Der zur Eröffnung der Schnellfahrstrecke etablierte stündliche Takthalt der ICE-Linien 42/43 nach Mannheim - Basel bzw. München wird vollständig aufgegeben, nachdem er in den letzten Jahren bereits überwiegend auf einen Zweistundentakt ausgedünnt worden war. Damit hat Siegburg insbesondere seine regelmäßige Anbindung an den stündlichen Rundumanschluss in Mannheim Hbf verloren. In Richtung Düsseldorf/Ruhrgebiet und Frankfurt am Main ist das Angebot durch den Entfall der Halte der ICE-Linie 41 nochmals unstrukturierter und für den Pendlerverkehr wesentlich unattraktiver geworden. So gibt es im neuen Fahrplan in der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit ab Siegburg keinen einzigen ICE mehr über Köln hinaus in Richtung Düsseldorf. In Richtung Frankfurt (Main) Hbf gibt es Taktlücken von bis zu zwei Stunden.

In Widerspruch zum Deutschland-Takt

Nach Ansicht des Rhein-Sieg-Kreises widersprechen die Angebotseinschränkungen der Planungsstrategie des Deutschland-Taktes, der am Bahnhof Siegburg/Bonn mindestens stündliche ICE-Verbindungen nach Mannheim/Basel, Dortmund und Nürnberg/München sowie zweimal stündlich nach Frankfurt (Main) und Düsseldorf/Essen vorsieht. Tatsächlich werden zum Fahrplanwechsel in Siegburg genau die Linien gestrichen, die die o.g. langlaufenden Verbindungen herstellen sollen.

Falsche ICE4-Beschaffung wird für Siegburg/Bonn-Reisende zum Problem

Hintergrund der Einschränkung ist u.a. die Umstellung der ICE-Linien 42/43 von 300 km/h-fähigen ICE3 auf langsamere ICE4. Letztere können die durch die Knotenbahnhöfe vorgegebenen Fahrzeiten nur durch Haltentfall Siegburg weiterhin gewährleisten. Eine Bedienung von Siegburg wäre allerdings weiterhin möglich, wenn die DB die zweifelhafte Praxis beenden würde, die beiden genannten Linien in Köln zweimal über die Hohenzollernbrücke zum Hauptbahnhof zu führen und stattdessen den Bahnhof Messe/Deutz (tief) zu bedienen. Dies würde zudem wertvolle Trassen- und Bahnhofskapazitäten im überlasteten Bahnknoten Köln schaffen - zumal vor dem Hintergrund der mehrjährigen baustellenbedingten Einschränkungen im oberen Teil des Deutzer Bahnhofs.

 
Daniel Junghans