Deutscher Schienenverkehrs-Preis für die Stadt Bebra

 

Im Berliner S-Bahn-Museum wurden Preisträger des Deutschen Schienenverkehrs-Preises ausgezeichnet. Die Jury hat in verschiedenen Kategorien herausragende Leistungen und Initiativen im Bereich der Bahn und des öffentlichen Verkehrs gewürdigt.

Die Stadt Bebra, vertreten durch Bürgermeister Stefan Knoche, darf sich über den Kulturpreis freuen dank ihrer Initiative zum Erhalt, Sanierung und Wiederbelebung des Bebraer Bahnhofs!

Bürgermeister Stefan Knoche (Stadt Bebra) erhält von Gerhard J. Curth (Präsident des Deutschen Bahnkunden-Verbandes) den Deutschen Schienenverkehrs-Preis 2024 in der Kategorie Kultur. Laudator Stefan Sitzmann (Vorsitzender Pro Bahn & Bus) gratuliert.

Stefan Sitzmann (Vorsitzender Pro Bahn & Bus), Stefan Knoche (Bürgermeister der Stadt Bebra) und Gerhard J. Curth (Präsident des Deutschen Bahnkunden-Verbandes). Bild: Oswald Richter


Stefan Sitzmann, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn & Bus e.V., umriss in seiner Laudatio auf die Entwicklung der Bahnstadt Bebra:

Bebra, (ursprünglich Biberaho: Dorf am Biberfluss, später Bibera). Die Siedlung war über Jahrhunderte hinweg eher ein größeres Bauerndorf das jedoch im Schnittpunkt zweier Postrouten in Richtung Eisenach/Halle sowie in Richtung Süden Deutschlands lag.

Mit Eröffnung der Eisenbahnlinie Kassel – Bebra im Jahr 1849, dem Bau der Bahnstrecke von Bebra nach Hanau zwischen 1866 und 1873 sowie der Inbetriebnahme der Strecke von Bebra nach Göttingen 1867, befand sich Bebra fortan im Zentrum der neuen Verkehrswege auf der Schiene.

Die Einwohnerzahl vervierfachte sich innerhalb von ca. 70 Jahren von dereinst 1.300 auf über 5.000 Einwohner im Jahr 1946. Bebra entwickelte sich zu einer klassischen Eisenbahnerstadt. Der wichtigste Arbeitgeber war die Reichsbahn, später die Bundesbahn. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich das Wachstum der Stadt Bebra, auch Dank der guten Verkehrsanbindung, ungebremst fort. Heute zählt Bebra etwa 13.000 Einwohner und bildet zusammen mit Rotenburg an der Fulda ein Mittelzentrum.

Bebra war einer der wichtigsten Fernverkehrshalte in Hessen, hier hielten alle wichtigen Fernzüge, ob D-Zug oder TEE, auch der legendäre „Blaue Enzian“ und jeder IC zwischen Hamburg und München.

Zwischenhalt machte in Bebra auch am 19. März 1970 der legendäre Kanzlerzug mit Willy Brandt auf seinem Weg in die DDR nach Erfurt zu Willi Stoph – dem Beginn der deutsch-deutschen Annäherung. Und bevor in Erfurt die Rufe erklangen „Willy Brandt an's Fenster“ versammelten sich hunderte von Schaulustigen am Gleis 3 in Bebra. Der damalige Bundeskanzler erschien mit Zigarillo am Zugfenster des Diplomatensonderzuges D 41 301 und begrüßte die Bürger. Die damalige Bahnhofsgaststätte wurde kurzerhand sogar in ein Fernsehstudio umfunktioniert. Da wurde deutsche Geschichte geschrieben.

Ein Blick in Wartehalle des Bahnhofs Bebra mit historischen Fotos an den Wänden

Moderne Wartehalle mit Erinnerungen im Bahnhof Bebra. Bild: Daniel Junghans

Die sogenannte Berliner Kurve, eine Verbindungsstrecke die Reisezugläufe von Frankfurt ohne Fahrtrichtungswechsel in der Relation Halle/Leipzig, wurde nach 1945 durch die innerdeutsche Grenze kaum mehr genutzt und wegen Baufälligkeit eines Brückenbauwerkes sogar am 30. Oktober 1989 gesperrt.

Kaum vierzehn Tage später waren die innerdeutschen Grenzen gefallen, die Berliner Kurve bei Bebra-Blankenheim wurde in den Folgejahren wieder instandgesetzt und in vollem Umfang reaktiviert.

Mit Bau und Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Hannover - Göttingen - Kassel-Wilhelmshöhe - Fulda - Würzburg verlor der Bahnknotenpunkt Bebra, zumindest im Fernverkehr, zusehens an Bedeutung. Auch wenn dieser fortan verstärkt an Bebra vorbeifuhr, bleibt die Bedeutung im Güterverkehr nahezu ungebrochen bestehen. Im Nah- und Regionalverkehr erlebte Bebra einen enormen Aufschwung und ist heute ein wichtiger Knotenpunkt in Hessen.

Es ist heutzutage nicht selbstverständlich das sich eine Kommune in dieser Art für ein Bahnhofsgebäude so stark engagiert.
— Stefan Sitzmann

Trotzdem gab es in den Folgejahren erhebliche Veränderungen und betriebliche Anpassungen in Bebra.

Der Lokschuppen des Bebriebswerks Bebra war bis zur Auflösung des Betriebshofes 1997 samt Drehscheibe in Betrieb. Heute befindet sich im ehemaligen Lokschuppen 2 eine Eventhalle, die alte Drehscheibe wurde erst kürzlich als Fußgängerbrücke umgebaut. Auch Bebras markanter Wasserturm konnte als Industriedenkmal erhalten werden.

Der Bahnhof Bebra, also die Bahnsteiganlagen, wurde 2012 umgebaut, das Empfangsgebäude an die Stadt Bebra verkauft. Eine planerische und natürlich auch finanzielle Herkulesaufgabe stand nun bevor. Was will man mit so einem gewaltigen Bauwerk anfangen, das betrieblich nicht mehr notwendig war, aber für die Stadt Bebra eine gewaltige Chance bot?

Das 124 Meter lange und 13 Meter breite Inselgebäude wurde bei laufendem Bahnbetrieb aufwändig entkernt und umfassend modernisiert. Die Eröffnung erfolgte im November 2021. Neben einer Dauerausstellung über die Geschichte des Bahnhofs und die des Grenzverkehrs bietet der Bahnhof einen liebevoll gestalteten, etwa 80 Quadratmeter großem Warteraum mit historischen Elementen, der täglich für die Bahnreisenden zugänglich ist.

Darüber hinaus bietet das Bahnhofsgebäude viel Platz für unterschiedlichste Nutzungen. „Co-Working-Space“ Büroarbeitsflächen sind ebenso entstanden wie Tagungsräume.

“Ja und auch Pro Bahn & Bus war 2022 hier einer der ersten Nutzer des Fürstensaals in dem unsere Jahreshauptversammlung stattfand”, sagte Stefan Sitzmann.

“Es ist heutzutage nicht selbstverständlich das sich eine Kommune in dieser Art für ein Bahnhofsgebäude so stark engagiert. Hier ist nicht nur ein städtebaulich wichtiges und prägendes Gebäude erhalten geblieben sondern auch so aufgewertet worden, das es für kommende Generationen einen bleibenden Wert haben wird.

Es ist gelungen Denkmalschutz, verkehrliche- und zukunftsweisende Nutzung zu vereinen, was so eine Vorbildfunktion hat.

Der Stadt Bebra gebührt Dank und Anerkennung für dieses Engagement. Daher verleiht der Deutsche Bahnkunden-Verband den KULTUR PREIS 2024 an die Stadt Bebra.

 
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