Fernverkehr auf der Main-Weser-Bahn wird deutlich ausgedünnt – Verbände fordern Erhalt des Angebots und Ausbau im Nahverkehr

 

Die Fahrgastverbände Pro Bahn & Bus Mittelhessen und der Kreisverband Gießen des Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisieren die angekündigte Ausdünnung des ICE-Angebots auf der Main-Weser-Bahn. Nach aktuellem Stand werden ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2025 die ICE-Züge nicht mehr alle zwei Stunden, sondern nur noch alle vier Stunden verkehren. Der bisherige ICE-Halt in Friedberg entfällt komplett.

Ebenfalls entfällt die Führung der ICE-Linie nach Hamburg und weiter in die Urlaubsgebiete an die Ostsee. Vier ICE-Zugpaare werden ab Hannover nach Bremen umgelegt und enden dort. Ein weiteres Zugpaar wird ab Juli 2026 über Hamburg bis Sylt verkehren.

Die Deutsche Bahn begründet diesen Schritt mit einem Rückgang der Fahrgastzahlen. Aus Sicht der beiden Verbände ist dieser Nachfragerückgang jedoch hausgemacht. Zwar haben die Einführung des Deutschlandtickets sowie der Ausstieg des AStA Marburg aus dem ICE-Ticket die Nachfrage geschwächt, entscheidend ist jedoch die in den vergangenen Monaten fehlende Verlässlichkeit des ICE-Angebots gewesen: So sind ICE-Züge immer wieder planmäßig wegen Bauarbeiten oder auch kurzfristig ausgefallen. Viele Fahrgäste sind daher auf den zuverlässigeren Nahverkehr umgestiegen.

Weiterhin wird sich der Fahrplan der verbleibenden ICE-Züge um etwa 30 Minuten ab Fahrplanwechsel verschieben. Dies führt dazu, dass die Züge zwischen Frankfurt und Kassel fast zeitgleich mit dem Regionalexpress RE 98 verkehren. In Stadtallendorf wird nach diesen Planungen von DB InfraGO der RE 98 dann in beiden Fahrtrichtungen acht Minuten warten, um vom ICE überholt zu werden.

Ein ICE in Richtung Karlslruhe steht am Bahnsteig im Bahnhof Gießen

Weniger ICE halten ab Dezember 2025 in Gießen. Bild: Jan Fleischhauer

Die beiden Verbände warnen, dass die Angebotskürzung erhebliche Probleme mit sich bringen werde. Der RE 98 sei bereits heute regelmäßig überlastet, da er mit rund 300 Sitzplätzen deutlich weniger Platz biete als der um eine Stunde versetzt verkehrende RE 30 mit über 700 Sitzplätzen. Beide Regionalexpress-Linien bilden gemeinsam zwischen Frankfurt und Treysa im Stundentakt das Rückgrat des schnellen Zugangebots. Während der RE 30 nur an wenigen großen Bahnhöfen hält, fährt der RE 98 nördlich von Treysa als Regionalbahn mit Halt an allen Stationen – mit deutlich längeren Fahrzeiten.

Aus Sicht von Pro Bahn und Bus sowie des VCD Gießen sind die geplanten Änderungen ein gravierender Rückschritt:

  • Eine Halbierung des Fernverkehrsangebots schwächt die Region massiv, insbesondere für die Wirtschaft und die Hochschulen.

  • Die Kapazitäten im Nahverkehr sind schon jetzt zu gering und führen bei weniger ICE-Verbindungen in der Hauptverkehrszeit zu völlig überfüllten Zügen.

Die Verbände fordern daher:

  • Die heimische Politik muss sich umgehend für den Erhalt des zweistündlichen ICE-Angebots einsetzen.

  • Kein Wegfall des ICE-Halts in Friedberg

  • Kreise und Städte sind aufgefordert, beim RMV auf zusätzliche Sitzplatzkapazitäten – insbesondere im RE 98 – zu drängen.

  • Zwischen Gießen und Kassel muss so schnell wie möglich ein verlässlicher, sauberer Stundentakt mit schnellen RE-Zügen geschaffen werden. Nur ein leicht merkbarer Stundentakt gewährleistet jede Stunde gleich gute Anschlüsse an den weiterführenden Nah- und Fernverkehr.

„Die dauerhaft hohen Fahrgastzahlen in den Nahverkehrszügen zeigen deutlich, dass die Nachfrage nach schnellen und direkten Verbindungen besteht“, betont Regionalleiter Jürgen Lerch von Pro Bahn & Bus. „Statt einer Reduzierung benötigen wir den Ausbau des Zugangebots auf der Main-Weser-Bahn“, so VCD-Vorstand Matthias Oertel.

 
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